Shoppen direkt in ChatGPT – OpenAI startet „Agentic Commerce“

Nicolas Fuchs

Freitag, 17. Oktober 2025, 12:52
agentic commerce
  • OpenAI startet mit dem „Agentic Commerce Protocol“ (ACP) eine neue Ära des Conversational Commerce.
  • Produkte von Etsy sind bereits in ChatGPT verfügbar, Shopify folgt mit über einer Million Shops.
  • Zahlungen laufen direkt im Chat über Apple Pay, Google Pay, Stripe oder Kreditkarte.
  • ACP ist gemeinsam mit Stripe entwickelt und soll open source werden – als offenes Gegenmodell zu Googles AP2.
  • Für Händler und SEOs verschiebt sich der Fokus: Strukturierte Daten, Kontextverständnis und KI-Sichtbarkeit werden entscheidend.
Wer: OpenAI in Zusammenarbeit mit Stripe, Etsy und Shopify; Konkurrenz: Google mit dem AP2-Protokoll.

Was: Einführung des Agentic Commerce Protocol (ACP) – Einkaufen und Bezahlen direkt über ChatGPT.

Wann: Oktober 2025, zunächst in den USA, internationaler Rollout 2026.

Wo: ChatGPT in Web, App und API – Integration weiterer Plattformen geplant.

Warum: Ziel ist es, den Handel in den Dialog zu integrieren und den Umweg über Suchmaschinen und Plattformen zu eliminieren.
OpenAI & Stripe – Offenes Handelsökosystem
  • Fördern dezentrale Strukturen, Open Source und faire Gebühren.
  • Setzen auf Nutzervertrauen statt Werbedruck.
  • Stellen den Dialog in den Mittelpunkt des Kauferlebnisses.


Google & klassische Plattformen
  • Bleiben bei geschlossenen Systemen und Suchintegration.
  • Nutzen AP2, um den Commerce innerhalb der Google-Suche zu halten.
  • Verteidigen Marktanteile über Kontrolle statt Offenheit.


Die Kernspannung: Offene Schnittstellen gegen geschlossene Systeme – wer gestaltet den digitalen Kaufmoment der Zukunft?
Key Value
EventEinführung des Agentic Commerce Protocol (ACP)
PartnerOpenAI, Stripe, Etsy, Shopify
ZahlungsoptionenApple Pay, Google Pay, Stripe, Kreditkarte
KonkurrentGoogle mit AP2 (Agent Payments Protocol)
StatusLive in den USA, globaler Rollout ab 2026
USPDirekter Chat-Commerce ohne Umweg über Suchmaschinen
RelevanzStartschuss für konversationalen Handel und KI-basierte Kaufprozesse

Ein neues Kapitel: Der Kauf beginnt im Gespräch

OpenAI hat mit dem Agentic Commerce Protocol (ACP) ein neues Kapitel im digitalen Handel aufgeschlagen – und verändert dabei nicht nur, wie wir einkaufen, sondern was „Suche“ überhaupt bedeutet. Mit ACP verwandelt sich ChatGPT von einem reinen Sprachassistenten in eine vollwertige Einkaufsplattform. Nutzer in den USA können bereits heute Produkte von Etsy direkt im Chat entdecken und kaufen, während über eine Million Shopify-Shops in den kommenden Monaten folgen sollen. Der gesamte Prozess findet im Dialog statt: Fragen, Stöbern, Entscheiden, Bezahlen – alles in einem Gespräch, nahtlos integriert über Apple Pay, Google Pay, Stripe oder Kreditkarte.

Was früher mehrere Tabs, Logins und Weiterleitungen bedeutete, geschieht jetzt innerhalb weniger Sekunden. Eine einfache Anfrage wie „Zeig mir handgemachte Kerzen unter 40 Dollar“ genügt, und ChatGPT präsentiert passende Ergebnisse – komplett mit Bildern, Preisen und Kaufoption. Kein Klick auf Google, kein Umweg über Amazon, keine Werbeflut. Nur du, der Chat und das Produkt, das du wirklich suchst. Diese Art von Erlebnis markiert den Übergang vom suchbasierten zum konversationalen Commerce – und sie ist alles andere als eine Spielerei.

Das technische Rückgrat: Das Agentic Commerce Protocol

Das Herzstück dieser neuen Erfahrung ist das Agentic Commerce Protocol, kurz ACP – entwickelt gemeinsam mit Stripe, einem der wichtigsten Payment-Anbieter der Welt. Technisch gesehen handelt es sich um ein offenes Protokoll, das Shop-Systeme direkt mit ChatGPT verbindet. Preise, Verfügbarkeit und Versanddetails werden in Echtzeit übermittelt, während die Zahlung sicher im Hintergrund abgewickelt wird. Das Besondere daran: OpenAI betont, dass keine gesponserten Produktlisten angezeigt werden. Händler zahlen lediglich eine kleine Gebühr pro Transaktion, und ACP selbst soll open source werden.

Damit legt OpenAI die Grundlage für ein dezentraleres, transparenteres Handelsökosystem – eines, das nicht mehr durch geschlossene Plattformen dominiert wird, sondern auf offenen Schnittstellen basiert. In diesem Modell ist ChatGPT nicht mehr nur Vermittler, sondern selbst Teil der Customer Journey. Das Ziel ist klar: den Kauf dorthin zu bringen, wo er inhaltlich entsteht – in den Dialog zwischen Mensch und Maschine.

Der leise Angriff auf Google und Amazon

OpenAI greift mit ACP keine Plattform direkt an, doch die Implikationen sind eindeutig. Jahrzehntelang begann fast jeder Onlinekauf mit einer Suchanfrage – und damit auf Google oder Amazon. Doch was, wenn die Antwort bereits da ist, bevor man überhaupt sucht? Genau hier setzt OpenAI an. Wenn Nutzer beginnen, ihre Produktfragen an ChatGPT zu stellen statt zu googeln, verändert sich die Wertschöpfungskette fundamental. Die Plattform, die zuerst die Frage beantwortet, kontrolliert auch, wo der Kauf stattfindet.

Das ist der stille Angriff auf die Such- und Marktplatzdominanz. Google hat das erkannt und arbeitet bereits an einer Gegenstrategie namens AP2 (Agent Payments Protocol) – einer eigenen Lösung, die Käufe innerhalb des Google-Ökosystems ermöglicht. Der Unterschied liegt jedoch in der Philosophie: Während Google versucht, das bestehende Modell der Plattformbindung aufrechtzuerhalten, baut OpenAI auf Offenheit und API-Integration. Das eine Modell setzt auf Kontrolle, das andere auf Vertrauen. Und Vertrauen ist genau das, was in einer KI-getriebenen Zukunft die wichtigste Währung sein wird.

Neue Spielregeln für Marken, Händler und SEOs

Für Unternehmen, Marken und SEO-Teams bedeutet Agentic Commerce einen Paradigmenwechsel. Die klassische Sichtbarkeit in Suchergebnissen verliert an Gewicht, während Erwähnungen in KI-Antworten zum neuen Erfolgsindikator werden. Wer dort auftaucht, gewinnt Aufmerksamkeit – oft, ohne dass der Nutzer überhaupt auf die Website klickt. Es ist eine Entwicklung, die sich bereits in der AI-Suche von Google andeutet, jetzt aber eine völlig neue Dimension erreicht.

Die Anforderungen verändern sich dabei nicht grundlegend, aber ihre Gewichtung schon. Produktdaten müssen präziser gepflegt werden als je zuvor: strukturierte Feeds, konsistente Beschreibungen, klare Attribute. Content muss kontextfähig werden – also nicht nur schön geschrieben, sondern semantisch sinnvoll aufgebaut. Je besser ein System den Inhalt versteht, desto eher integriert es ihn in seine Antworten. Klassisches SEO bleibt wichtig, doch die Optimierung für KI- und Dialogsichtbarkeit wird zum neuen Level. Sichtbarkeit entsteht nicht mehr nur über Keywords, sondern über Kontext, Vertrauen und Datenqualität.

Der Beginn des Conversational Commerce

Was OpenAI hier anstößt, geht weit über Technologie hinaus – es ist ein kultureller Wandel. Zum ersten Mal verschmelzen Kommunikation und Transaktion vollständig. Der Dialog wird selbst zum Ort des Kaufs. ChatGPT wird damit nicht länger als Suchersatz verstanden, sondern als persönlicher Einkaufsberater. Der Ton, der Kontext, die Art, wie ein Produkt präsentiert wird – all das beeinflusst, ob es gekauft wird.

Für Konsumenten bedeutet das eine neue Leichtigkeit. Keine Klickketten, keine Entscheidungsmüdigkeit, keine Werbeüberreizung. Für Marken dagegen entsteht ein neues Spielfeld, das Authentizität, Transparenz und Vertrauen verlangt. Denn in einem Umfeld, in dem die KI Produkte empfiehlt, zählt weniger, wer am lautesten schreit, sondern wer die besten, nachvollziehbaren Informationen liefert.

OpenAI nennt diesen Ansatz „Agentic Commerce“ – und tatsächlich fühlt er sich weniger wie ein Marktplatz an, sondern mehr wie ein Gespräch, das zu einer Entscheidung führt. Die Zukunft des Handels wird nicht mehr durch Suchfelder bestimmt, sondern durch den Fluss einer Unterhaltung.

Fazit: OpenAI baut das neue Interface des Handels

Wenn man so will, steht OpenAI jetzt dort, wo Google in den 2000ern stand – nur mit einer ganz anderen Denkweise. Google strukturierte die Informationsflut des Internets, OpenAI will sie kontextualisieren. Mit ACP schafft OpenAI ein Handelsmodell, das weder Suchmaschine noch Plattform ist, sondern ein Interface: ein Zugangspunkt zwischen Nutzer und Produkt, zwischen Absicht und Handlung.

Für Unternehmen bedeutet das: Jetzt ist der Zeitpunkt, um Inhalte, Produktdaten und Markenbotschaften so aufzubereiten, dass sie in diesem neuen Umfeld bestehen können. Für SEOs heißt es, sich neu zu erfinden – weg vom Kampf um Positionen, hin zur Optimierung für Relevanz im Kontext. Und für Konsumenten bedeutet es schlicht: Einkaufen wird zu einem Erlebnis, das so intuitiv ist, dass man fast vergisst, dass man gerade etwas gekauft hat.

Die Zukunft des E-Commerce ist kein Klick entfernt – sie ist nur noch einen Satz weit weg.

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